Lernen aus der Vergangenheit für heute und für die Zukunft
Die Welt, wie wir sie gekannt haben, hat sich in den letzten drei Monaten massiv verändert. Wir werden nicht wieder einfach zu dem Tagesprogramm übergehen, das wir bisher gekannt haben, wir müssen uns dem neuen Status anpassen.
Dies gilt es auch zu berücksichtigen, wenn man einen Staat oder ein Unternehmen zu führen hat. Die Wirtschaft leidet derzeit in einem nie dagewesenen Ausmass, und auch hier können sich die Vorzeichen permanent ändern. «Leadership» ist also mehr gefragt denn je. Die EU hat in der Krise kläglich versagt – sie war nicht einmal in der Lage, medizinische Hilfsgüter zu koordinieren. An der Spitze von einigen Staaten, wie den USA, Brasilien oder Mexico finden sich schwache und lächerliche Figuren, die ihre Unfähigkeit zu regieren, derzeit unter Beweis stellen. Die wirklichen Führungskräfte sind einmal mehr eher in der Privatwirtschaft zu finden, wie einige Initiativen von CEOs und anderen Persönlichkeiten aus der Wirtschaft zeigen (Beispiel: Bill Gates).
Kommunikation ist das A und O
Was sind die nun entscheidenden Faktoren für eine Führungskraft aus Politik oder Wirtschaft, um erfolgreich zu navigieren? Ich werde versuchen, die wichtigsten Punkte herauszuheben, welche ich anhand diverser Beiträge in den Medien evaluiert habe und die aus meiner Sicht die entscheidenden Qualitäten einer Führungskraft ausmachen.
Eine gute und transparente Kommunikation ist wichtig und entscheidend für die Akzeptanz von Massnahmen, die einschneidend für die Bevölkerung und die Wirtschaft sind. Die Kommunikation mit der Presse steht in Krisenzeiten an erster Stelle und muss zwingend Bestandteil des Kommunikationskonzepts sein – und zwar verständlich und ehrlich. Alles, was zum aktuellen Zeitpunkt bekannt ist, muss kommuniziert werden, ohne Umschweife und zeitnah. Wenn das nicht geschieht, lässt dies Raum für Spekulationen, die Medien berichten nach Gutdünken und übernehmen somit die Führung. Darunter leidet wiederum die Bevölkerung, die durch Horror-Schlagzeilen in Angst versetzt wird und mit der Situation nicht umzugehen weiss. Kommunikation muss soweit wie möglich unter Kontrolle sein – sie ist Chefsache!
Der Demokratieprozess für einmal fehl am Platz
Wenn eine Krise absehbar ist, muss die Führung im Lande oder in einem Unternehmen entschieden und souverän agieren. Es ist die Rolle eines Premierministers, Bundesrats, Präsidenten oder CEOs die Kontrolle frühzeitig auszuüben. Das nennt man «Top-down» Führung und ist von grösster Bedeutung für die weitere Entwicklung der Krise und die Akzeptanz von entsprechenden Massnahmen. Die Grundlage für einschneidende Massnahmen sollten nur mit dem Input von Spezialisten und Experten getroffen werden. Der demokratische Prozess muss in einer Krisensituation wie wir sie heute haben hintenanstehen! Hat man die Krise soweit im Griff, die grössten Hürden sind genommen und alle Fragen transparent beantwortet, muss man wieder zur Tagesordnung übergehen, indem alle Teamplayer, dazu gehören auch die Parlamente, einbezogen werden.
Für den Erfolg und die eigentliche «Performance» ist es entscheidend, schnell, ehrlich und präzise über Neuigkeiten, Trends und Gefahren zu orientieren und Rechenschaft abzulegen. Auch Fehler sollten eingestanden werden. So wird nicht nur das Vertrauen der Bevölkerung gewonnen, auch die Glaubwürdigkeit steigt. Gerade in der Corona-Krise ist in vielen Ländern das Vertrauen in die Regierungen verloren gegangen. Für diese Regierungen wird es in Zukunft sehr schwer werden, das verlorene Vertrauen wiederherzustellen.
Persönliche Befindlichkeiten hintenanstellen
Der Charakter einer Führungskraft – ob im privaten oder öffentlichen Bereich – zeigt sich schlussendlich im Umgang mit den Werten, mit der Verantwortung und bei der Rechenschaftslegung. Führungspersonen müssen in jeder Situation in der Lage sein, Probleme und Herausforderungen im Staat oder in einer Firma zu evaluieren und zu meistern. Das ist in der Coronakrise oft nicht der Fall gewesen. Zwar muss man in einer solchen Krise, bei der der Feind neu und zudem unsichtbar ist, den Regierungen gegenüber ein wenig Nachsicht walten lassen. Doch Entscheidungen heraus zu zögern, weil man mögliche negative Auswirkungen auf seine eigene (Polit-) Karriere befürchtet, ist ein schlechter Ratgeber — und ein fataler Fehler. Politiker befinden sich leider des Öfteren in diesem Dilemma, denn bei den nächsten Wahlen möchten sie möglichst tadellos dastehen.
All die erwähnten Führungsqualitäten sind gefragter denn je. Vor allen in Krisensituationen setzen sich einzelne Personen durch ihre Taten und Entscheidungen so stark in den Vordergrund, dass sie danach als Helden oder Visionäre dargestellt werden. Zum Wohle aller hoffe ich, dass sich genug herausragende Persönlichkeiten finden, die uns aus der jetzigen Krise führen können und die Weichen für eine positive Zukunft stellen.
Eric G. Sarasin